Umwelttag: Infos zu vertikalem Grün von Beate Römlein

Kletterpflanzen Beate Römlein
Kletterpflanzen - Beate Römlein

„Batnight“, Blumenwiesen und Artenvielfalt – in vielen verschiedenen Aktionen sollte der Kaufbeurer Umwelttag 2020 auf Themen wie Naturzerstörung und Naturschutz aufmerksam machen. Vieles davon musste nun leider auf 2021 verschoben werden. Die Beratung von Landschaftsarchitektin Beate Römlein zu vertikalen Begrünungen fand online statt – hier sind alle Antworten auf Eure Fragen!

Beate hat bei den Kommunalwahlen zum Stadtrat für uns kandidiert und ist Expertin in ihrem Gebiet. So hat sie Konzepte für verschiedene Grünanlagen in Kaufbeuren wie den Creszentia- Klosterberggarten und den Neugablonzer Stadtteilpark erarbeitet.

Um Klettergehölze grundsätzlich zu verstehen, muss man wissen, wo sie sich in der Natur entwickelt haben: Sie entstanden in sogenannten Schluchtwäldern, also beengten, wenig belichteten feuchten Naturräumen, wo die Überlebensstrategie sein musste nach oben ins Licht zu gelangen. Dafür entwickelte die meisten dieser Pflanzengruppe die Besonderheit des „negativen Phototrophismus“, also die Tendenz ins Dunkle zu wachsen bevor sie ans Licht gelangen. Das erklärt auch, warum Klettergehölze so gerne unter Dachziegel, in Rolladenkästen oder ähnlichen wachsen, hier ist es dunkel und gerne auch ein bisschen feucht. Hier zeigt sich die Begrenzung der Pflanzengruppe in Ihrer Anwendung an und das wir sie tunlichst von solchen „Schlupfwinkeln“ fern halten sollten, sonst kommt es zu baulichen Schäden.

Vertikales Grün – Ein Möglichkeitsraum für Mensch und Natur

Ansonsten lässt sich mit Ihnen wunderbarerweise auf wenig Bodenplatz viel grüner Lebensraum mit all seinen Vorteilen fürs Kleinklima, für den Lebensraum mit Augen- und z. T. auch Gaumenfreuden erzeugen.


Die Pflanzen haben darüber hinaus unterschiedliche Kletterstrategien entwickelt:

  • die Schlinger, die eine Art Schnur oder Draht benötigen, an denen sie sich hinaufschrauben können
  • die Selbstklimmer, die eigene Haftnäpfchen ausbilden
  • die Spreizklimmer, die durch in sich selbst Verkeilen arbeiten etc.

Daher ist neben der Fassaden-, Zaun- oder Klettergerüstart auch immer die Korrespondenz zur entsprechenden Kletterpflanze wichtig. Ebenso die entsprechende Grössendimensionierung – eine kleine Zierclematis kommt keinen 8 m Draht zum First hinauf, ein Hopfen hingegen selbstverständlich. Hier gibt es viele Verwendungsfehler und beachtenswertes.

Alle Antworten auf Eure Fragen zu Kletterpflanzen und Vertikalbegrünung:

Nun zu den gestellten Fragen, lieben Dank für Eurer Interesse.

Können alle Pflanzen klettern?

Nein, das geht nicht – es braucht schon die besondere Eignung. In manchen Situationen entsteht so etwas zufällig, z. B. wächst in meine alte Birne eine heimische Hundsrose und durch den Schattendruck, aber auch mein Eingrenzen auf ein paar wenige Grundstämme schiebt sie sich viele Meter hoch in die Krone und ragt immer wieder darüber hinaus. Ich habe schon hängerweise heraus geschnitten, sonst würde sie zum Nachteil der alten Birne werden.

Einfach wachsen lassen, oder auf etwas bestimmtes achten?

Ja unbedingt, der Garten ist ja ein anthropogen veränderter Ort und ich muss die Kletterpflanze von Anfang an ziehen oder ein bisschen nachhelfen, wo sie hin soll und wo nicht, durch temporäres Anbinden oder durch Schnitt und je nachdem wo sie steht, muss ich sie auch von Ritzen fern halten.

Clematis schauen oft so schön aus und im Garten funktionieren sie dann nicht. Warum?

Es gibt viele verschiedene Clematisarten und – Sorten. Etliche Züchtungen sind eher „Divas“ oder sie kommen aus England oder den Niederlanden und sind nicht frosthart genug. Zudem gibt es eine Erkrankung, die Clematiswelke. Und sie mögen den „Fuss“ gerne im Schatten, also mit der Clematis gleich eine Begleitstaude oder einen Buchs pflanzen. Die italienische Waldrebenarten Clematis viticella sind zum Beispiel Resistent gegen die Erkrankung, die Gold-Waldrebe Clematis tangutica ist bei uns sehr gut frosthart und macht schöne Samensterne.

Mein Mann möchte keine Pflanzen an der Wand, auch wegen des Streichens.

Hier gibt es die tolle Möglichkeit, mit Spannseilen aus Stahl zu arbeiten. Mit ca. 30 cm Abstand in die Dachsparren schrauben und bei Bedarf die Drähte samt Schlingpflanze aushängen und auf den Boden legen.

Kann der Regenrinne etwas passieren?

Je nach Pflanze. Die Selbstklimmer rühren sie nicht an, könnten aber dahinter schlupfen und irgendwann durch das Dickenwachstum die Rinne rausdrücken. Einen Blauregen sollte man fern halten – er ist ein sogenannter Würger, er zerquetscht die Regenrinne im Laufe der Zeit ohne Weiteres.

Ich kann zu meinem Nachbarn kein Klettergerüst machen, habe ich trotzdem eine Möglichkeit für vertikales Grün?

Ja, eine wunderbare: mit einem Stammbuschapfel einen Spalier durch Schnitt und Erziehung mittels temporären Binden mit Erdheringen. Er muss laut Abstandsregel allerdings mit 50 cm Abstand stehen und darf nicht höher als 2 Meter werden. Da aber Beide eine Freude daran haben könnten, wären hier natürlich Absprachen mit den Nachbarn möglich.

Danke für Eurer Interesse, viel Freude am Pflanzen und im nächsten Jahr live am Umwelttag Kaufbeuren