Arthur Müller, Bildungsbeauftragter des Stadtrats, im Interview

Corona fordert derzeit uns alle, vor allem aber auch Schüler, Lehrer und Schulleiter. Arthur Müller, Bildungsbeauftragter des Stadtrats und Schulleiter der Konradin-Grundschule, stand dem Kreisboten Kaufbeuren darüber Rede und Antwort. Das volle Interview lesen sie hier:

Sind die Arbeitsbedingungen wirklich so schlecht für Schulleiter? Kommen Sie derzeit auch an Ihre Grenzen?

Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass die Arbeitsbedingungen für SchulleiterInnen unter normalen Umständen generell sehr schlecht sind. Die Aufgabenfelder und die Verantwortungsbereiche  sind nur und besonders seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 viel umfangreicher  und komplexer geworden. Neben den alltäglichen Aufgaben des Schulleiters u. a Organisation des gesamten Unterrichts nach der Stundentafel der jeweiligen Klassenstufe und der Personalentwicklung, Aufstellen von Vertretungsplänen bei krankheitsbedingtem Ausfall von Lehrkräften oder Teilnahme an Fortbildungen und Entwicklung von pädagogischen Leitzielen und Rahmenbedingungen kamen vor über 15 Jahren noch die regelmäßige Beurteilung der Lehrkräfte hinzu, die früher ausschließlich in Grund- und Mittelschulen durch die Schulaufsicht, das Schulamt vollzogen wurde. Seit Beginn der Pandemie ist der Arbeitsaufwand deutlich gestiegen, da zunächst Wechsel- Distanzunterricht organisiert und gleichzeitig für eine Notbetreuung gesorgt werden musste. Hinzu kamen dann verschiedene Testverfahren und eine Fülle von Hygienemaßnahmen, die immer auch gegenüber den Eltern und auch dem Kollegium, je nach Infektionsgeschehen geändert, transparent gemacht und vertreten werden mussten.

Wie ist die Situation in Kaufbeuren? Welche Rückmeldungen erhalten Sie als Schulbeauftragter der Stadt Kaufbeuren?

Auch von meinen Kaufbeurer Schulleiterkolleginnen und -kollegen höre ich in letzter Zeit häufige Klagen, dass viele von Ihnen am Rande der Belastungsgrenze sind, da es fast nicht zu schaffen ist, seiner Unterrichtsverpflichtung  nachzukommen, evtl. sogar eine Klasse als Klassleiter/-leiterin zu führen und nebenher täglich immer wieder neue Test-,  Quarantäne- und auch Impfstatus-Vorschriften zu erhalten  und diese entsprechend umzusetzen.  Viele von uns beginnen ihren Arbeitstag um 6.00 Uhr oder 6.30 Uhr, da zu diesem Zeitpunkt momentan auch immer wieder die betroffenen Familien und die jeweiligen Klassen über aufgetretene Infektionen informiert werden müssen und Quarantänemaßnahmen eingeleitet werden müssen. Und oft verlassen sie auch als letzte das Schulhaus.

 Die Präsidentin des BLLV, Simone Fleischmann, fordert klare Antworten von der Politik. Fühlen Sie sich als Schulleiter in gewissen Situationen auch im Stich gelassen?

Ich möchte behaupten, dass alle gesellschaftliche Gruppen in dieser Pandemie besonderen Herausforderungen gegenüberstehen. Von Seiten der Stadt, des Sachaufwandträgers, aber auch vom Schulamt werden wir SchulleiterInnen so gut wie möglich unterstützt. Aber auch in dieser Ebene erleben wir Grenzen des Machbaren. So ist beispielsweise die Personalsituation in Kaufbeuren als auch im Ostallgäu so angespannt. dass eine erkrankte Lehrkraft nicht immer durch eine mobile Reserve vertreten werden kann. Eine Vertretung muss in der Regel innerhalb einer Schule organisiert werden, Klassengruppen müssen trotz des Vermeidungsgebots gemäß den Hygiene-Schutzmaßnahmen zusammengelegt werden oder Unterricht muss entfallen. Nicht selten springt ein Schulleiter/eine Schulleiterin zur Vertretung mit ein. Wie auch in den Kindergärten so ist auch in den Schulen pädagogisches Fachpersonal viel zu knapp, wenn selbst Studenten mit noch nicht abgelegtem 1. Staatsexamen angestellt werden und Unterrichtsverantwortung übernehmen müssen.

Es gibt Schulleiter – ich kenne einen konkreten Fall aus dem Raum Landsberg – der seinen Rektorposten aufgegeben hat, weil die Verantwortung einfach zu groß ist. Was muss passieren, dass der Beruf Schulleiter wieder Spaß macht?

Ich denke, dass viele von uns Schulleiter /Schulleiterin geworden sind, um Schule und neue Unterrichtsverfahren weiterzuentwickeln und  um Schule und auch Schulleben so zu gestalten, dass alle Kinder mit ihren vielen unterschiedlichen Voraussetzungen mit Freude und Motivation lernen können und ihre  Persönlichkeit entwickeln können. Für dieses wichtige Handlungsfeld muss aber auch Zeit zur Verfügung stehen. In der jetzigen Situation ist hierfür kein Spielraum. Viele Schulleiter/innen sind viel zu sehr und besonders seit Ausbruch des Corona-Virus mit Verwaltungsangelegenheiten beschäftigt., was in meinen Augen nicht die Hauptaufgabe einer Schulleiterin/ eines Schulleiters sein sollte und auch die Zufriedenheit mit dem gewählten Beruf schmälert.