Sag mir wo die Bäume sind – Baumfällungen in der Stadt

David Nißle, Ulrike Seifert, Andrea Gimple und Bürgermeister Oliver Schill (v. l. n. r.) Foto: Michael Vogler

Zu der Veranstaltung „Sag mir wo die Bäume sind“ hatten die Grünen Kaufbeuren eingeladen. Zahlreiche Gäste waren gekommen, um sich über die Baumfällungen am Postareal, in der Unteren Bleiche und in den Wertachauen zu informieren.

Die Baumfällungen lösten bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Unverständnis, Wut aber auch Trauer und Sorge um die Baumbewohner aus. Da ist es kein Wunder, dass ein Kahlschlag Betroffenheit auslöst und natürlich die Frage nach dem „Warum?“ sehr groß ist. „Kein schöner Anblick! Mussten denn wirklich alle Bäume weg? Wer ist dafür verantwortlich?“ fragte ein Anwohner des Quartiers rund ums Postareal.

Bürgermeister Oliver Schill erläuterte die aktuelle Sachlage. Angefangen vom Beschluss der Postarealbebauung im Stadtrat bis hin zu der überraschenden Baumfällung.

„Es war schockierend, binnen weniger Tagen nach Beschluss des Stadtrats erleben zu müssen, dass diese straßen- und auch stadtbildprägenden imposanten Bäume gefällt wurden.“

Bürgermeister Oliver Schill

„Doch noch schockierender war es, erfahren zu haben, dass sowohl die Stadtverwaltung als auch der Investor bereits lange vor dem Stadtratsbeschluss wussten, dass dort Bäume gefällt werden.“

Die Stadtverwaltung hatte für zwei der Bäume ihr Einverständnis erteilt.

„Es ist nicht hinnehmbar, dass der Stadtrat bei seiner Entscheidung im Glauben gelassen wurde, der Baumbestand sei sicher. Das bleibt für mich nach wie vor inakzeptabel. Verantwortlich für die Verwaltung ist der Oberbürgermeister.“

Bürgermeister Oliver Schill

Bürgermeister Oliver Schill und Stadträtin Ulrike Seifert betonen unisono, dass es freilich nicht immer zu vermeiden sei, Bäume zu entfernen. Gründe hierfür seien in erster Linie die Verkehrssicherungspflicht im öffentlichen Raum.

„Pilzkrankheiten setzen zunehmend allen einheimischen Bäumen zu. Sommerliche Hitze, Trockenheit und Salzeintrag beeinträchtigen die Standfestigkeit.“

Stadträtin Ulrike Seifert

„Deshalb kontrolliert unser städtischer Bauhof regelmäßig aller unsere städtischen Bäume.“

Bürgermeister Oliver Schill

„Ich bin stolz auf unser Team vom Bauhof, das sich mit Leidenschaft und Engagement um jeden einzelnen Baum kümmert. Das ist großartig. Die wissen genau, was sie tun.“

Ausgenommen hiervon sind Waldflächen wie die Wertachauen. Denn in Waldgebieten gelten andere Regeln gelten.

David Nißle, Kreisfachberater für Gartenkultur im Ostallgäu und Baumkontrolleur stellte die ästhetische Komponente von Bäumen heraus. Sie prägen das Ortsbild, sind beim Menschen tief in der Geschichte verwurzelt. Sie sind ein wichtiger Faktor für die psychische Gesundheit. Ihre kostenlose Ökodienstleistungen sind unbezahlbar. Bedauerlicherweise habe ihre Wertigkeit in der Gesellschaft abgenommen, so Nißle: Bäume machen Dreck, sind lästig. Ängstigen bei Stürmen, verursachen Kosten. Sie sind jedoch wichtig für die Klimaanpassung und den Artenschutz. So leben ¾ der Käfer im Gehölz, meist im Totholz. So ist der Artenschutz ein wichtiges Kriterium der Baumkontrolle.

Diese Artenschutzprüfung ist Pflicht, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Privatengarten. Bei Baumschäden, wie z.B. dem Eschentriebsterben, helfen Experten und Baumkontrolleure bei der Überprüfung. Baumfällungen benötigen somit immer ein sorgfältiges Handeln, ein Abwägen und Beachten von Baumzustand, Arten- und Naturschutzschutz.

„Bei größeren Baumfällungen, zum Beispiel n der Buchleuthe oder in den Wertachauen, sei eine Nachpflanzung mit klimaresistenten Bäumen unerlässlich.“

Expertin Andrea Gimple, ehemalige Mitarbeiterin des Umweltamtes Kaufbeuren

„Wir brauchen Gebiete in der Stadt, wo Kaltluft entstehen kann, sonst wird es zu heiß, vor allem in der Innenstadt. Hier muss der wenige Baumbestand erhalten und weitere Baumstandorte gesucht werden.“

Andrea Gimple

In der anschließend regen Diskussion ging es um nach mehr Grün in der Stadt, um praktische Möglichkeiten Bäume zu pflegen und Beispiele aus anderen Städten: Mobile Bäume auf Zeit, mehr Schatten durch Pflanzen, Grün an der Fassade und mehr Wurzelschutz bei Baumaßnahmen. Mit einem Grünraumkonzept hat der Stadtrat bereits den Anstoß für hochwertiges Grün in der Stadt gegeben.

Zum Abschluss der Veranstaltung wünschten sich die zahlreichen Gäste noch einen positiven Blick in die Zukunft der Wertachauen, die sowohl für die Naherholung als auch für die Kaltluftbildung gegen die Klimahitze eine wichtige Rolle spielen. Dazu Bürgermeister Oliver Schill:

„Sollte sich eine Möglichkeit ergeben, die Wertachauen in öffentlichen Besitz zu bringen, dann sollten wir diese Chance unbedingt ergreifen. Denn nur als Eigentümer können wir die Wertachauen so entwickeln und pflegen, wie sich die Bürgerinnen und Bürger das zurecht wünschen.“