Ehrliche Antworten, klare Haltung: Robert Habeck und Oliver Schill

Mit Spannung erwartet wurde der Besuch unseres Bundesvorsitzenden am Donnerstag, 05.03.2020, im Stadtsaal. Robert Habeck und Oliver Schill verzichteten beim vermeintlichen Wahlkampfhöhepunkt auf Wahlkampf-Slogans, sondern lieferten in aller gebotenen Ausführlichkeit grüne Antworten auf komplexe Fragestellungen und die großen politischen Herausforderungen der Gegenwart.

Fast bis auf den letzten Platz gefüllt war – trotz Corona-Virus und miesem Wetter – der Stadtsaal Kaufbeuren, als gegen 16:30 Uhr die Musik der spontanen Band um Dr. Fiona Miksch und Tiny Schmauch endete. Ulrike Seifert und Chrissi Myrtsidou-Jung begrüßten die über 500 Gäste und leiteten den politschen Teil des Nachmittags ein. Die Moderation übernahm der ehemalige Präsident des örtlichen Lions Club, Dr. Markus Groß, der zunächst selbst einige Fragen an die beiden Spitzenpolitiker stellte, bevor das Publikum Robert Habeck und Oliver Schill befragte.

So ging es zunächst um die großen Herausforderungen unserer Zeit und die Veränderungen, die sie mit sich bringen. Was sie konkret in der Stadt Kaufbeuren bedeuten, bewirken und was wir bewegen können, konnte unser Oberbürgermeisterkandidat im Wechselspiel der Antworten konkret ausleuchten.

Garantie für sozialen Ausgleich gegen Unwägbarkeiten der Zukunft

Robert Habeck skizzierte etwa den Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung und Automatisierung und die grüne Garantiesicherung, mit der wir das Agenda-System der Sanktionen überwinden wollen. „Wenn wir heute noch nicht wissen, was die jetzigen Schüler später für Berufe haben werden und welche Menschen, welche Berufe dieser Wandel als erstes trifft, spätestens dann müssen wir aufhören zu sagen: Selber Schuld, wenn jemand arbeitslos wird.“

Die Veränderungen des Sozialstaats sollen ergänzt werden um ein Recht auf lebenslange Weiterbildung, damit niemand auf der Strecke bleibt. In Kaufbeuren kann man dazu auch als Stadt die Volkshochschule aktiv mitgestalten und zu einer zentralen Institution weiterentwickeln. Die Infrastruktur der Schulen als kommunale Aufgabe soll die Stadt in Zukunft ebenfalls proaktiv angehen, um beste Lernbedingungen für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen – eine Grundvoraussetzung für Gerechtigkeit, so Schill.

Um das Auseinanderbrechen der Gesellschaft zu vermeiden und zu verhindern, plädierte Habeck für mehr analoge Begegnungen mit gemeinsamen Erfahrungen und Debatten – „wie eben diese hier im Stadtsaal, das kann man nicht im Internet erleben, da muss man dabei sein und nur hier kommt man mit anderen in Kontakt, lernt andere Sichtweisen persönlich kennen und erlebt einen demokratischen Austausch der Ideen.“ In Kaufbeuren wären mehr solcher Orte und Gelegenheiten möglich, gerade auch die Kommunalwahl zeigt, dass es Nachbarn, Vereinskolleg*innen und Bekannte sind, die über die Stadtpolitik mitentscheidet. Mit Oliver Schill plädieren wir dafür, die Leerstände in der Innenstadt für Wohnen und Leben zu füllen und mit gesellschaftlichem Mehrwert neu zu gestalten – zentrale Bildungs- und Begegnungsräume wie das Generationenhaus könnten dem hohen Engagement vieler ehrenamtlicher Bürgerinnen und Bürger auch in der Altstadt mehr Raum bieten.

Robert und Olli einig: Ökologie und Ökonomie zusammen denken

Anhand des Beispiels Landwirtschaft erklärte Robert Habeck das grunsätzliche Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaft und Umweltschutz: Die Landwirte sind viel zu oft die Leidtragenden neuer Gesetzgebungen, weil Ökologie als völlig getrennt von der Ökonomie betrachtet wird. Wer Landwirtschaft betreibt wird seit langer Zeit politisch in ein System gedrängt, in dem nur Massenproduktion noch möglich ist. Alle neuen Gesetze, etwa für Artenvielfalt, bedeuten in der gegenwärtigen Lage Einbußen oder Kosten für die Landwirte. Nur durch Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft sei die großartige Versorgungssituation in Deutschland erreicht worden.

Dass Umweltschutz nicht mit dieser Art der Landwirtschaft vereinbar ist und von Landwirten als externer und negativer Einfluss wahrgenommen werde, sei nicht verwunderlich. Biologischer Anbau muss sich lohnen, und die Politik muss dafür sorgen, dass nicht die Bauern die Kosten tragen. Landwirten müssten wirtschaftlich sinnvolle Anreizte gegeben werden, nach und nach, duch modularisierte Förderungsbestimmungen, biologische Methoden umzusetzen. Ebenso hätte die Automobilindustrie am besten gleich die Autos so entwickeln müssen, dass sie dann auch in den Innenstädten fahren dürfen. Am Ende sind Folgekosten von umweltschädlichen Methoden für die Gesellschaft immer höher als Umstellungskosten bei klaren Rahmenbedingungen und fairem Ausgleich.

Für Oliver Schill sind Ökonomie und Ökologie schon seit den Praxisjahren seiner wirtschaftswissenschaftlichen Hochschul-Tätigkeiten kein Widerspruch mehr. Schon hier hat er stets an konkreten Lösungsansätzen gearbeitet, die für alle sinvoll funktionieren müssen. Auch die Unternehmer in Kaufbeuren stellen sich Transformationen nicht grundsätzlich in den Weg, sondern fordern und verlangen eine Politik, die klare Rahmenbedingungen auch über Legislaturperioden hinaus schafft und verlässlich konkret benannte Ziele verfolgt und sinnvoll absteckt. Nur so haben sie die Planungssicherheit, um in ihren Betrieben den notwendigen Wandel mitgestalten zu können.

Grundgesetzänderungen und Grundsatzbeschlüsse

Unter anderem, ob der Umweltschutz nicht in die Verfassung aufgenommen werden könne, wurde aus dem Publikum gefragt. In Bayern sei ein entsprechendes Vorhaben der Grünen bekannt. Auf Bundesebene, erläuterte Habeck, haben die Grünen angestrebt, den Klimaschutz ins Grundgesetz zu bringen. Eine Grundgesetzänderung könne Richtlinie für konkrete Gesetze und Veränderungen sein; die notwendige 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat wurde allerdings verfehlt und ein von den Grünen angestrebter Kompromiss von den regierenden Parteien ausgeschlagen. Ganz ähnliche Situationen kennt auch die grüne Fraktion im Kaufbeurer Stadtrat.

Bemühungen um Grundsatzbeschlüsse hin zu mehr Klimaschutz fanden im aktuellen Stadtrat keine Mehrheit. Selbst einstimmig beschlossene Kompromisse wie etwa hinsichtlich Lärmschutz und Flächenverbrauch beim Ausbau der B12 wurden kaum zur Kenntnis genommen und dann nicht weiter verfolgt. In Zukunft will Oliver Schill als Oberbürgermeister für klarere Grundsätze sorgen. Mit klaren Vorgaben über im Stadtrat gemeinsam definierte Ziele und dafür aktiv ausgearbeitete Strategien hat auch die Verwaltung mehr Möglichkeiten, Vorschläge zu unterbreiten und Vorlagen zu machen, die über das Übliche hinaus gehen und neue Wege beschreiten. Robert Habeck unterstrich diesen Ansatz aktiver Stadtentwicklung und -gestaltung, indem er betonte, dass ein Oberbürgermeister auch die Verantwortung tragen muss und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Rahmen bieten, in dem Flexibilität und Zuversicht möglich sind.

Zu guter Letzt hatte Robert Habeck noch etwas Zeit, um das erste Olli Bier entgegen zu nehmen und einige persönliche Gespräche zu führen, bevor er auf seiner Kommunalwahltour weiter reisen musste. Insgesamt zeigte sich, dass Oliver Schill und die Grünen bereits gut aufgestellt sind, die Politik in Kaufbeuren verlässlich und aktiv zu gestalten und die demokratische Kultur entscheidend zu prägen.

Stadtrat Oliver Schill: Oberbürgermeister für Kaufbeuren 2020
Platz 2: Oliver Schill, 47 Jahre, Diplom-Kaufmann, selbständiger Unternehmensberater, Beratender Betriebswirt für Städte und Gemeinden, Stadtrat und Oberbürgermeister-Kandidat